Umgang mit Vielfalt

„Werde, der du bist”

(Pindar)

Neben der für ein Gymnasium selbstverständlichen Leistungsorientierung steht an unserer Schule der Schüler als Person in besonderer Weise im Mittelpunkt. Deshalb ist es uns wichtig, die individuellen Stärken und Schwächen der Schüler wahrzunehmen, angemessen darauf zu reagieren und die jungen Menschen in ihrer Selbstwahrnehmung zu schulen.

Aus diesem Grund haben wir neben den üblichen Notenkonferenzen (zweimal im Jahr), Lehrerkonferenzen (monatlich) an unserer Schule seit 2001, jeweils im November, "Pädagogische Konferenzen" installiert, die für uns eine Antwort auf die tragischen Ereignisse im Gutenberg-Gymnasium in Erfurt waren. Dabei beraten die Klassen- und Fachlehrer, die Beratungslehrer, der Schulseelsorger und der Pädagogische Leiter über die pädagogische Situation der Klasse und die Entwicklung jedes Einzelnen. Das bedeutet ganz konkret, dass in diesen Konferenzen nicht über Noten, sondern über die einzelne Person gesprochen wird. Jeder einzelne Schüler muss beachtet werden, also nicht nur die sogenannten "Problemfälle", die uns durch ihr Verhalten, ihre soziale Stellung in der Klasse, ihre Konflikte oder andere Belastungen auffallen, sondern auch die (scheinbar) Unauffälligen. Dabei werden die Eltern- und Schülervertreter einbezogen, um ihre Sicht auf die Klasse darzustellen.

Das Projekt "Erlebnispädagogik" unterstützt ebenfalls diese Ausrichtung. Jugendliche der 9. Klassen werden in der Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls und sozialer Verantwortung unterstützt. Selbstwahrnehmung und die eigene und gegenseitige Wertschätzung werden durch teambildende Erlebnisse gefördert. Durch Einzel- und Gruppenaktivitäten, die bewältigt werden können, sollen Jugendliche ihre Fähigkeiten und Stärken bewusster erleben. Dabei planen sie gemeinsam und besprechen Konflikte.

In der Orientierungsstufe verfolgen wir seit diesem Schuljahr ein differenziertes Förder- und Vertiefungskonzept (FuV). Hierbei soll klassen- und z. T. jahrgangsstufenübergreifend in Kleingruppen von höchstens 15 Schülern an Defiziten in den Kernfächern gearbeitet bzw. individuelle Interessen vertieft werden. Es ist uns wichtig, gerade im Vertiefungsunterricht die Ressourcen von außerschulischen Partnern zu nutzen. Erste Evaluationsschritte dieses Systems wurden bereits unternommen, dennoch befinden wir uns dahingehend noch in einer Erprobungsphase.

Leistungsstarke Schüler der Klassenstufen 9 und 10 erhalten die Möglichkeit, in einzelnen Fächern am Leistungskursunterricht der Oberstufe teilzunehmen. Organisatorische Voraussetzung dafür sind Sonderstundenpläne. Die langjährige Zusammenarbeit mit der TU Dresden im Bereich Mathematik und Informatik hatte die Gründung der "Schüleruniversität" zur Folge, die heute von allen Dresdner Schülern besucht werden kann. Dort absolvierte Kurse können bei einem späteren Fachstudium angerechnet werden.
Die geschlechterspezifische Förderung ist ein von uns erkanntes Problemfeld, insbesondere bezüglich des normabweichenden und leistungsverweigernden Verhaltens mancher Jungen. Ein Konzept, das diese Problematik aufgreift, wird derzeit gemeinsam mit außerschulischen Partnern entwickelt. Demgegenüber gibt es jedes Jahr einen speziellen Mathematik-Grundkurs für Mädchen, um der geschlechtsspezifischen Andersartigkeit des Lehrens und Lernens in diesem Bereich Rechnung zu tragen.
Eine produktive Gestaltung von Vielfalt ist ohne ein Konzept von Integration nicht möglich. So gliedern wir nicht zuletzt durch die Hilfe unserer Integrationslehrerin an unserer behindertengerechten Schule Schüler mit Querschnitts läh mungen, spastischen Behinderungen und andere ein. Besonders erfolgreich sind wir bei der Integration gehörloser bzw. hörgeschädigter Schüler, u.a. durch spezielle themengebundene Fortbildungen der Lehrer. In diesem Zusammenhang ist es uns gelungen, Abiturregelungen für Hörgeschädigte zu entwickeln, die es bisher in Sachsen noch nicht gab. Betroffene Schüler mussten bisher ihr Abitur in einem anderen Bundesland erwerben.

Für Schüler mit aus unterschiedlichen Gründen "gescheiterter Schullaufbahn" stellt unsere Schule eine Anlaufstelle dar. In Ausnahmefällen werden bei der Aufnahmeentscheidung Schüler mit mangelndem Sozialisations- oder Bildungshintergrund sogar bevorzugt.

Um Schüler mit Migrationshintergrund kümmert sich eine Kollegin, die unterrichtsbegleitend ein Studium "Deutsch als Zweitsprache" absolviert hat. Gefördert durch die Mercator-Stiftung integrieren wir zielgerichtet Schüler ohne deutsche Sprachkenntnisse. Gastschüler aus dem Ausland gehören zu unserem Schulalltag. Um der immer größer werdenden Anzahl gerecht zu werden, wurde mit einer Betreuungslehrerin eine zentrale Anlaufstelle geschaffen.

Trotz der konfessionellen Bindung unserer Schule nehmen wir ca. 10 % konfessionslose Schüler auf, die dank eines behutsamen Integrationsprogramms mit unserem spezifisch christlichen Profil vertraut gemacht werden und unser Schulleben bereichern. Sehr erfolgreich gelingt es uns alljährlich in der Oberstufe, ca. 30 neue Schüler in die Schulgemeinschaft aufzunehmen. Um diesen Schülern den Einstieg zu erleichtern und das gegenseitige Kennenlernen zu fördern, gestalten wir am Anfang der Klasse 11 eine Jahrgangsstufenfahrt. Zu unserem ganzheitlichen Verständnis von Bildung gehört, dass wir neben der Projektarbeit (Biologie, Geografie, Geschichte und Deutsch) und den Exkursionen nach Prag und Theresienstadt am Abend auch einen Gottesdienst anbieten, der den Schülern helfen soll, die Eindrücke und Gefühle zum am Tag Erlebten zu bewältigen.
Gemäß unserem übergreifenden personalen Gesamtkonzept darf sich Umgang mit Vielfalt jedoch nicht in institutionalisierten Formen erschöpfen. Deshalb sind an unserer Schule mehrere Kollegen mit Beratungsaufgaben betraut. Im Rahmen unseres Beratungskonzeptes kümmern sie sich um Fragen der Schullaufbahn, Berufs- und Studienorientierung, Drogenprävention, Seelsorge, Gewalt und um stufenbezogene pädagogische und persönliche Probleme und stehen den Schülern als Gesprächspartner zur Verfügung.